Mobilitätskonzept
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Kurze Wege
In der Stadtplanung ist heute das Ideal der „10-Minuten-Stadt“ wegweisend. Gemeint ist damit eine Stadt der kurzen Wege, in der die Menschen alles Wichtige vor der Haustür erledigen können – innerhalb von 10 Minuten zu Fuß oder auch per Fahrrad. Auf dem Grasbrook wird dieses Konzept weitergedacht: Vom zentralen Stadtplatz aus ist nahezu jeder Ort im Stadtteil sowie ein großer Teil der Veddel in 5 bis 10 Minuten zu Fuß zu erreichen.
Als völlig neu geplanter Stadtteil bietet der Grasbrook gute Voraussetzungen, klimaschonende Mobilität als wesentliches Element einer lebenswerten Stadt zu entwickeln. Nahezu 90 Prozent ihrer Wege sollen die künftigen Bewohner:innen, Beschäftigten und Besucher:innen mit dem „Umweltverbund“ aus Fuß-, Rad- und öffentlichem Personenverkehr zurücklegen. Mit diesem ambitionierten Modal Split kann der Grasbrook neue Maßstäbe setzen. Dazu wird der Stadtteil so geplant und realisiert, dass er sich an den Bedürfnissen der Fußgänger:innen und Radfahrer:innen orientiert und die Nutzung privater PKW überflüssig macht.
Fußläufige Erreichbarkeit vom Bahnsteig der neuen U-Bahn-Haltestelle
© büro luchterhandt & partner
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Gut ausgebauter ÖPNV
Die gute Erreichbarkeit des Stadtteils mit dem öffentlichen Personennahverkehr ist zentraler Bestandteil des Mobilitätskonzepts. So sollen Menschen, die hier wohnen oder arbeiten nicht auf ein eigenes Auto angewiesen sein, sondern für längere Strecken den ÖPNV nutzen. Entsprechend ist ein wichtiger Baustein die Verlängerung der U-Bahn-Linie U4 von der jetzigen Endhaltestelle Elbbrücken bis zum Grasbrook. Die U-Bahn-Station wird zentral im neuen Stadtteil errichtet und dabei – einmalig in Hamburg – auf Stelzen im Wasser des Moldauhafenbeckens „schweben“. Auch die Veddel profitiert so über einen direkten Zugang von der Veddeler Brücke zur Haltestelle der U4.
Im Juni 2023 wurde das Ergebnis eines interdisziplinären Realisierungswettbewerbs für die neue U4-Brücke und die Haltestelle öffentlich vorgestellt. Im Wettbewerb konnte sich ein Konsortium aus schlaich bergermann partner sbp SE (Stuttgart), gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner (Hamburg) sowie WTM Engineers GmbH (Hamburg) durchsetzen. Perspektivisch soll die U4 weiter nach Süden in Richtung Wilhelmsburg verlängert werden. Auch die bestehenden S-Bahn-Stationen Elbbrücken und Veddel sind vom Grasbrook aus fußläufig gut erreichbar.
Die U-Bahn-Linie U4 wird auf den Grasbrook verlängert © HOCHBAHN / moka-studio GbR
Am Elbufer soll etwa auf halber Strecke zwischen dem Deutschen Hafenmuseum im Westen des Stadtteils und den Elbbrücken ein neuer Fähranleger errichtet werden, der eine schnelle Querung der Elbe ermöglicht. Neue Buslinien und Haltepunkte verbinden den Grasbrook und die Veddel besser mit Rothenburgsort, der HafenCity und Wilhelmsburg. Innerhalb des neuen Stadtteils sollen – möglicherweise autonom fahrende – Busshuttles verkehren. Diese sind vor allem für mobilitätseingeschränkte Menschen eine Hilfe im Alltag.
Aktuell wird geprüft, ob eine zusätzliche neue Brücke als direkte Verbindung zur HafenCity gebaut werden kann. Sollte sie realisiert werden, wäre diese zwar vorrangig für den Fuß- und Radverkehr vorgesehen, würde aber auch eine Verlängerung des Shuttleverkehrs über die Elbe ermöglichen.
Natürlich wird es auf dem Grasbrook auch diverse Sharing-Angebote geben – etwa Carsharing oder Leihfahrräder. Diese ermöglichen je nach Anlass und Bedarf den Wechsel zwischen verschiedenen Mobilitätsangeboten und tragen zum Funktionieren des autoarmen Stadtteils bei.
Die U-Bahn-Haltestelle Moldauhafen © HOCHBAHN / moka-studio GbR
Die Straße wird zum sozialen Stadtraum
Auf dem Grasbrook wird die „Straße“ zum Ort der Begegnung und des Aufenthalts und dient nicht mehr allein als funktionale Verkehrs- und Wegefläche.
Um die Fuß- und Radwege im Stadtteil möglichst attraktiv und sicher zu gestalten und dem öffentlichen Raum viel Aufenthaltsqualität zu verleihen, werden Autos weitgehend aus dem Grasbrook herausgehalten. Insbesondere das Moldauhafenquartier wird zu einem autoarmen Quartier. Auch die dortige Haupterschließungsstraße, der Grasbrook Boulevard, bleibt weitgehend frei von fahrenden und parkenden Autos. Dazu werden Stellplätze nur in drei unterirdischen Quartiersgaragen der Warftgeschosse angeboten. Mit maximal 0,2 Stellplätzen pro Wohnung ist der Stellplatzschlüssel bewusst sehr gering gewählt.
Zielgröße für dem privaten KFZ-Besitz auf dem Grasbrook im Vergleich
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Grasbrook Boulevard als Fahrradstraße
Die Einfahrten zu den zentralen Tiefgaragen liegen am Stadtteileingang, wo auch die zwei geplanten Supermärkte liegen. Der größte Teil des Boulevards wird als verkehrsberuhigte und begrünte Fahrradstraße mit großzügigen Fußgängerbereichen gestaltet. Auch der Lieferverkehr für die im Quartier wohnenden Menschen und für die dortigen Büros, Läden und Cafés wird entweder per Lastenrad oder ebenfalls unterirdisch in den eigens vorgesehenen Ladezonen der Warftgeschosse abgewickelt.
Dezentrale Tiefgaragen im Hafentorquartier
Im gewerblich geprägten Hafentorquartier ist die Situation anders. Hier sind weite Teile des Quartiers mit dem PKW oder LKW erreichbar. Durchfahrtverkehre hingegen – etwa vom nördlichen Eingang an der Sachsenbrücke zum südlichen Eingang an der Dessauer Straße oder über die Moldauhafenbrücke in das Wohnquartier – sind nicht vorgesehen. Die Dessauer Straße wird zum großen Teil zu einem linearen Park mit Sport- und Freizeitangeboten umgestaltet.
Beschäftigte, Lieferant:innen und Kund:innen, die nicht mit dem ÖPNV, per Fahrrad oder zu Fuß, sondern mit dem eigenen Auto ins Hafentorquartier kommen, finden eine reduzierte Zahl von Stellplätzen in den dezentralen Tiefgaragen (Warftgeschossebenen) der jeweiligen Gebäude. Lieferverkehre und Logistikbedarfe mit LKW-Ladehöfen und -Wendemöglichkeiten werden auf den eigenen Grundstücken realisiert, sodass die Straßenräume mit hoher Aufenthaltsqualität gestaltet werden können.
StadtRad-Station am Lohsepark in der HafenCity © Stephan Groenveld
Fuß- und Radwegenetz
Der Grasbrook wird zu einem Stadtteil der Fußgänger:innen und Radfahrer:innen. Daher werden hohe Anforderungen an die Qualität der Fuß- und Radwege und die Brücken über die Hafenbecken und Verkehrstrassen gestellt. Die wichtigsten Fahrradverbindungen verlaufen im Moldauhafenquartier über den Grasbrook Boulevard und im Hafentorquartier über die Sachsenbrücke, entlang der Grenze zum Hafengebiet (O’Swaldkai-Terminal). Über die Moldauhafenbrücke könnte der Weg weiter über eine mögliche neue Elbquerung direkt in die HafenCity und die Hamburger Innenstadt führen.
Für Radfahrer:innen erfolgt die Anbindung an das übergeordnete Fahrradwegenetz (z. B. Veloroute 10) über die Elbbrücken zwischen der Veddel und Rothenburgsort. Ergänzt werden diese Hauptlinien durch ein untergeordnetes Wegenetz entlang der Elbpromenade, durch den zentralen Park und durch den Grünzug auf der Dessauer Straße. Um Konflikte zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmenden zu reduzieren, haben Fußgänger:innen dort Vorrang. Zudem gibt es außerdem Wege, die ihnen vorbehalten bleiben – etwa entlang des Parks, im Hafenbeckenpark, auf der Promenade am Moldauhafen oder in den Grünzügen zwischen den Wohninseln.
Das engmaschige Radverkehrsnetz auf dem Grasbrook. © büro luchterhandt & partner
Mobilitätsfoyers für den Grasbrook
Im Moldauhafenquartier übernehmen „Mobilitätsfoyers“ eine wichtige Funktion im Mobilitätskonzept. Sie dienen als zentraler Anlaufpunkt für Logistik- und Mobilitätsbedürfnisse des Alltags. Angesiedelt in den Erdgeschossen der „Wohninseln“, und der Gewerbegebäude am Stadtteileingang sowie am Stadtteilplatz sind sie zudem das sichtbare Symbol der Mobilitätswende auf dem Grasbrook.
Neben Funktionen wie Paketstationen, dem Verleih von Lastenfahrrädern und E-Scootern, Dusch- und Umkleidemöglichkeiten für Fahrradfahrer:innen sowie Tauschregalen können dort beispielsweise Fahrradreparaturstationen oder andere Services angeboten werden. Darüber hinaus erfolgt von hier der Zugang zu den Carsharing-Stellplätzen, Lieferzonen und Parkmöglichkeiten für Kleintransporter im Warftgeschoss unter den Gebäuden.