Im Nationalsozialismus dienten Lagerhäuser im künftigen Stadtteil Grasbrook als Außenlager des KZ Neuengamme. An vier Todesopfer wird jetzt namentlich erinnert.
Sattelschlepper fahren im Minutentakt vorbei. Die mächtigen Gespanne rattern mit ihren breiten Reifen über das unebene Pflaster. Auch sonst ist der Lärm des Hafens und von Straßenbauarbeiten am Dessauer Ufer allgegenwärtig. Da fällt das Geräusch eines weiteren Presslufthammers gar nicht weiter auf, zumal Gunter Demnig nicht lange braucht: Keine Viertelstunde hat er sich an der Ecke eines zurückgesetzten langgestreckten Backsteingebäudes zu schaffen gemacht, als drei glänzende Messingsteine im Boden verankert sind. Wortlos zieht Demnig seinen Hut ins Gesicht und geht, als wollte der Künstler auf gar keinen Fall von dem Gedenken ablenken, für das seine Stolpersteine mittlerweile europaweit stehen.
In mehr als 1200 deutschen Kommunen hat Demnig nach eigenen Angaben bereits Steine verlegt, die an die Schicksale von Opfern des Nationalsozialismus erinnern. Für Hamburg registriert eine Datenbank der Landeszentrale für politische Bildung rund 7000 Namen. Dennoch liegen immer noch viele im Dunkeln. Ein oftmals weniger bekanntes Kapitel ist zum Beispiel das Schicksal von Zwangsarbeitenden wie etwa im Lagerhaus G am Dessauer Ufer. Heute auf dem Gebiet des neuen Stadtteils Grasbrook gelegen, diente es 1944-45 als Außenlager des KZ Neuengamme. Ebenso wie die Nebengebäude wurde es für Kriegsgefangene genutzt, die im Hafen Zwangsarbeiten verrichten mussten. Zu ihnen gehörten auch die italienischen Soldaten Aquilino Spozio, Erminio Fusa und Luigi Fusi. Nach Recherchen der „Projektgruppe italienische Militärinternierte Hamburg“ waren sie nach der Verkündung des Waffenstillstands zwischen Italien und den Alliierten im September 1943 von der Wehrmacht gefangen genommen und nach Deutschland verschleppt worden. Alle drei starben 1945 in Hamburg, ermordet oder an den Folgen der Zwangsarbeit. Ein weiterer Stein erinnert bereits seit längerem an Margarethe Müller aus Prag, die 1944 starb.
Gedenkstätte geplant
Künftig soll in einem Teil des Lagerhauses G eine Gedenkstätte zur Dokumentation von Zwangsarbeit und KZ-Außenlagern in der NS-Zeit entstehen. Hierzu ist die HafenCity Hamburg GmbH gemeinsam mit der Stiftung Hamburgische Gedenkstätten und Lernorten im regelhaften Austausch mit allen Beteiligten. Als wichtiger Schritt für die Konzeption der Gedenkstätte ist eine denkmalfachliche Bestandsaufnahme des Gebäudes erforderlich. Die Verlegung von Stolpersteinen trägt indessen zur Erinnerung an Opfer der NS-Gewalt im öffentlichen Raum bei. Mit der Entwicklung des Grasbrooks zu einem durchmischten Stadtteil, in dem Tausende Menschen wohnen, arbeiten und Freizeit verbringen, kommen dann auch die Stolpersteine nochmals anders zur Geltung.